(Bericht von Fritz Schmidt anlässlich der Wanderung zur Hünenburg am 3. Oktober 2016)
Von den drei Mühlen an der Auschnippe bei Barterode weist die obere Mühle nach derzeitiger Kenntnis die älteste Geschichte auf. Belegt wird dies durch die allgemeinen ortsgeschichtlichen Zusammenhänge sowie durch eine Anzahl von archäologischen Bodenfunden.
Besonders in den achtziger und neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts sind durch den Eigentümer und Bewohner der Mühle, Herrn Friedrich Harenkamp, bei Erdarbeiten auf dem Grundstück um die Mühlengebäude herum wiederholt Funde gemacht worden. Außerdem konnten Baureste (Mauer- und Fundamentreste, Bauhölzer) im Untergrund festgestellt werden, die aus früheren Bauphasen der Mühlengebäude stammen und z. T. wohl noch in das Mittelalter zu datieren sind. Die wichtigsten Aussagen sind über die geborgenen Funde möglich. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Scherben einfacher Gebrauchskeramik und Tierknochen (als Speiseabfälle). Als besonderer Fund liegt auch ein aus Blei gegossenes Pilgerzeichen vor, das im 14. Oder 15. Jahrhundert ein Pilger aus einem – vorläufig unbekannten – Wallfahrtsort mitgebracht hatte. Die Keramikreste gehörten zu einfachen handgeformten Vorrats- und Kochgefäßen, zumeist mit rundem Kugelboden, was praktisch für das Abstellen auf einer einfachen steingesetzten Feuerstelle war. Ihre Machart, Form und Verzierung erlauben die zeitliche Einordnung in die Jahrhunderte des Mittelalters, ebenso liegen zahlreiche Keramikscherben des neuzeitlichen Geschirrs vom 16. Bis 20. Jahrhundert vor.
Über diese Funde, die bis heute noch nicht näher ausgewertet wurden, ist schon jetzt der Beginn der Wassermühle irgendwann im 10. Oder 11. Jahrhundert festzustellen. Dies fügt sich gut in den historischen Zusammenhang des örtlichen Umfeldes ein: im Jahre 960 wurde der Wirtschaftshof Fredershausen, ein Großhof aus dem Eigentum der sächsischen Adelsfamilie der Esikonen, an daas neu gegründete Reichskloster Hilwartshausen – an der Weser unterhalb von Hann. Münden – zur wirtschaftlichen Ausstattung verschenkt. Gleiches geschah mit den esikonischen Großhöfen von Dransfeld und Jühnde. Der Hof von Fredershausen lag nach archäologischen Ergebnissen und Funden rund 1,5 Kilometer talaufwärts in Richtung Dransfeld (Flurname heute: Fredershäuser Kirchweg), wo er mit dörflicher Siedlung noch ca. bis um 1400 bestanden hat.
Zu einem solchen, im Früh- und Hochmittelalter als Curtis bezeichneten Großhof gehörten alle umliegenden Ländereien, Wälder, Gewässer, Siedlungen und nicht zuletzt die ländlichen Siedler in Leibeigenschaft selbst, auf dem Hof mussten die Naturalabgaben abgeliefert und Hand- und Spanndienste geleistet werden. Er war die wichtigste Einrichtung zur Ausübung der Grundherrschaft durch die adeligen – und ab 960 die klösterlichen – Herrschaften. Auch eine Mühle wird bei den Zubehöraufzählungen regelmäßig mit genannt. In unserem Fall spricht alles dafür, dass die obere Auschnippe-Mühle von der Curtis Fredershausen angelegt wurde.
Sehr oft gehörte zu einem solchen Haupthof auch eine in der Nähe angelegte Fluchtburg. Da eine Befestigung des Hofes dem örtlichen Adel in der Regel nicht gestattet war (dies behielt sich der König vor), wurden vielfach Zufluchtstätten in der Nähe, in günstiger landschaftlicher Schutzsituation angelegt, um sich und die abhängige Bevölkerung mitsamt Habe, Vieh und anderen Gütern in Gefahrenzeiten retten zu können. Dies war vor allem bis in die Jahre um 950 sehr erforderlich, da fast jährlich räuberische Einfälle von ungarischen Reiterhorden zu verzeichnen waren. Die Fluchtanlage für den Hof Fredershausen wird von der Forschung mit der Hünenburg identifiziert. Ihre Reste befinden sich auf dem südwestlichen Hangausläufer des Ossenberges oberhalb des engen Auschnippetales, damit etwa auf halber Strecke zwischen Hof und Mühle.
Steilhänge nach drei Seiten schützen diesen Bergsporn von Natur aus, so dass nur die östliche/nordöstliche Flanke zur Hochfläche hin besonders befestigt werden musste. Hier hatte man durch die Anlage eines tiefen Grabens und Anschüttung eines Walles eine Abriegelung geschaffen, zudem wurde auf dem Wall und auf dem anderen Steilhangkanten eine umlaufende massive Ringmauer als Schutz gebaut. So entstand eine annähernd quadratische Fluchtburg von rund 120 m Seitenlängen. Das ehemalige Tor befand sich an der Südostecke, die durch eine vorspringende gemauerte Halbrundbastion besonders verstärkt war. Bis auf ein kleineres Gebäude im Zentrum war die übrige Innenfläche offensichtlich unbebaut und unbesiedelt – es war eben nur eine Fluchtburg für zeitweilige und eher seltene Notfälle. Durch mehrere Grabungen und Funde ist die Nutzungsdauer allgemein auf den Zeitraum vom 9. bis 12. Jahrhundert einzugrenzen, was gut mit der Blütezeit des Großhofes Fredershausen und der Frühzeit der Auschnippe-Mühle zusammenpasst.
So liegen auf engem Raum im Auschnippetal die kennzeichnenden Anlagen eines grundherrschaftlichen Adels- bzw. Klosterhofes beisammen, wie es im umgebenden südniedersächsischen und nordhessischen Gebiet nur noch selten nachweisbar ist. Hof, Burg und Mühle waren eine funktionale Einheit und sind nach heutigem niedersächsischen Denkmalschutzrecht als Kulturdenkmale eingestuft.
gez. Dr. Klaus Grote
Kreisarchäologe