Der verkappte Friseur

Der Friseur-Meister war verhindert. Der alte Nachbar fragte Gustav, ob er sich ein paar Groschen verdienen wolle. Gustav hängte ihm fachmännisch ein Handtuch um und griff zur Hand-Haarschneide-Maschine. Unter Zusammendrücken und Öffnen der Handgriffe schob er die Maschine vom Nacken her den Kopf aufwärts. Es ziepte etwas, was der alte Herr brummelnd feststellte. Gustav schob und schnitt (oder riss?) weiter. Das Brummeln wurde lauter. Gustav machte die stumpfen Zacken und die zu lang gewachsenen Haare dafür verantwortlich. Nachbar Karl schob es auf zu schnelles Schieben. Gustav machte weiter, so gut – oder so schlecht – er es halt konnte.

Die Hälfte der Arbeit war bereits geschafft. Da zwickte es den alten Herrn so sehr, dass er laut zu schimpfen begann. Da warf der zwickende Friseur die Haarschneide-Maschine auf den Tisch: „Dann mook et doch alläne!“ – und ging nach Hause. Und ließ den „Kunden“ halb geschoren sitzen. … Mit viel Mühe musste Vater intervenieren zwischen den beiden Dickschädeln, bis Gustav sich bereit erklärte, die Haare fertig zu schneiden, bis Karl sich bereit erklärte, die Prozedur zu Ende zu ertragen. … Künftig wurde immer auf den richtigen Friseur gewartet.

Der „Putzer“ hatte sich angemeldet, um Vater wieder „hübsch“ zu machen. Er stellte sein Lederkästchen auf die Kommode vorm Spiegel, betrachtete sich noch einmal und ging hinaus, um warmes Wasser für die Rasur zu holen und Vater Bescheid zu sagen, dass alles bereit sei. Diesen Augenblick nutzte Gustav, um eine Spiel-Maus in das Kästchen zu setzen: diese sah mit ihrem Fell aus wie eine echte Maus und hatte ein aufziehbares Laufwerk, mit dessen Hilfe sie sich leise vorwärts bewegen konnte. Die beiden Männer kamen zurück. Der „Putzer“ öffnete sein Lederkästchen, um sein Handwerkszeug herauszunehmen. In diesem Moment sprang ihm die Maus entgegen! Ein Schreck! Ein Schrei! „Düsse Lusebengel! Nur Knepe in’n Koppe!"

Ein Streich, hart an der Grenze. Die beiden Freunde waren immer zu Streichen aufgelegt. Eines Abends kamen sie auf ihren Zügen durch die benachbarten Orte nach Dransfeld. Dort saßen nach einer Feuerwehr-Versammlung noch die Honoratioren bei einem Bierchen zusammen. Der Feuerwehrhauptmann hatte einen wunderschönen „Kaiser-Wilhelm-Bart“, auf den er und seine Frau sehr stolz waren. Man trank ein Bierchen miteinander und machte sich bekannt. Die beiden Gäste stellten sich vor als Prüfer von der Brandkasse in Hannover. Gustav sagte: „Sie sind also der Oberste hier? Wissen Sie, dass das Tragen eines Bartes im Dienst gefährlich und daher verboten ist? Wie leicht kann ein Funken überspringen und Ihnen das Gesicht verbrennen. Am besten, um Ärger mit der Obrigkeit zu vermeiden: wir nehmen den Bart sofort ab.“

Der würdige Bartträger wurde blass, jammerte und winselte und bettelte: „Das geht doch nicht. Das geht doch zu weit. Den Bart habe ich schon immer. Das habe ich nicht gewusst … und immer so liebevoll gepflegt. Wat werd mine Bächto dotau sejjen?“ Er wand und wehrte sich, dachte an seine geliebte Frau Berta und sagte immer wieder: „Wat werd mine Bächto dotau sejjen?“ Doch die „Herren vom Amt“ ließen nicht locker. Es wurde alles zur Rasur vorbereitet. Im letzten Moment, sie wollten gerade Gnade vor Recht ergehen lassen, kam ein neuer Gast hinzu. Der fragte den einen der „Herren vom Amt“: „Bist Du nicht der Sohn von x aus x?“ Die beiden „Herren“ verließen fluchtartig das Lokal, das sie in der nächsten Zeit tunlichst mieden. Der Feuerwehrhauptmann kam glücklicherweise ungeschoren davon.

Elsbeth Robrecht-Krause

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